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„Hole“ oder „hol“? Wann der Imperativ ein e braucht

Über den Imperativ, die Befehlsform, habe ich vor ein paar Jahren schon einen Blogartikel geschrieben. Es ging darum, wie er im Singular und im Plural richtig gebildet wird, beim Duzen und beim Siezen, und ob es nun „Lese“ oder „Lies“ heißt (Spoiler: „lies“ ist richtig!). Und wie Loriot dafür eine Eselsbrücke bietet!  ; -)

Eine interessante Frage zum Thema Imperativ picke ich jetzt nochmal raus und wir sehen sie uns etwas genauer an, auch wenn ich sie im damaligen Artikel schon berücksichtigt habe: nämlich die, ob der Infinitiv mit e am Wortende gebildet wird oder ohne e. Wenn ich jemanden bitten möchte, mir etwas zu holen, heißt es dann: „Hol mir bitte den Besen“ oder „Hole mir bitte den Besen“?

Der Imperativ: Wortstamm – und was dann?

Grundsätzlich bildet man die Imperativform mit dem Präsensstamm des betreffenden Verbs. Das ist bei „holen“ die Silbe „hol-“. Und schon sind wir mittendrin im Problem! Gehört nun ein E an das Ende des Wortes oder nicht? Die gute Nachricht: In den meisten Fällen ist beides möglich. Sie können selbst entscheiden: „Hol mir den Besen!“ oder „Hole mir den Besen“. „Komm mit“ oder „Komme mit“. Es ist also gar nicht kompliziert!

Sie entscheiden: Imperativ mit e oder ohne e!

Im Vordergrund eine Fußgängerampel, auf der das grüne Ampelmännchen leuchtet. Weiter hinten links davon ist auf einer anderen Fußgängerampel das rote Ampelmännchen zu sehen.
Die grüne Ampel sagt „Geh“ oder „Gehe“ - beides ist richtig!

Nur zur Übung liste ich hier noch ein paar Beispiele für die richtige Bildung des Imperativ Singular auf.

 

geh|en: geh/geh|e

„Geh jetzt besser!“ oder „Gehe jetzt besser!“

lauf|en: lauf/lauf|e

„Lauf, Forrest!“ oder „Laufe, Forrest!“

machen: mach/mach|e

„Mach die Tür auf!“ oder „Mache die Tür auf!“                   auf|hör|en: hör auf/hör|e auf

„Hör auf zu nerven!“ oder „Höre auf zu nerven!“

Ein paar Sonderfälle: Imperativ mit e

Es gibt nur einige klar definierte Ausnahmen. Bei bestimmten Verben muss der Imperativ zwingend mit e am Ende gebildet werden. Die sehen wir uns mal kurz an, bevor wir noch einmal zur E-Frage zurückkehren.

  • Verben, die auf -eln oder -ern enden: handeln – handle
  • Verben, deren Präsensstamm auf -d, -t, -ig endet: beruhigen – beruhige
  • Verben, deren Präsensstamm mit einem Konsonanten und -m oder -n endet, wie zum Beispiel atmen mit dem Stamm „atm-“. Im Imperativ wird daraus „atme“.

Das war es schon mit den Ausnahmen, was das e am Ende angeht. Die Bildung mit Vokalwechsel finden Sie im schon erwähnten anderen Artikel!

Regionale Unterschiede beim Imperativ

Auch wenn es in den meisten Fällen egal ist, ob Sie den Imperativ mit oder ohne e bilden, scheint es doch regionale Unterschiede zu geben. In Norddeutschland, wo ich geboren und aufgewachsen bin, neigt man dazu, die kürzere Variante ohne e am Ende zu benutzen. Für mich würde es sehr ungewohnt, unnatürlich und eher hochtrabend klingen, wenn ich „Hole den Besen!“ sagen würde. Oder „Mache uns einen Kaffee“.

Aber zum Beispiel in Thüringen, wo ich lange gelebt habe, habe ich oft die Version mit e gehört. Auch in der Umgangssprache und auch, wenn die Aufforderung ziemlich dringend war. Zum Beispiel, wenn ein Elternteil ein kleines Kind von etwas abhalten wollte: „Höre auf!“

Der Imperativ in der geschriebenen Sprache

In geschriebenen Texten kommt der Imperativ hauptsächlich in Dialogen vor, also in der wörtlichen Rede der Figuren in einem Roman oder einer Geschichte, und in Fällen, in denen die Leser*innen direkt angesprochen wird. Das könnte zum Beispiel bei einer Anleitung oder auch in einem Blogartikel der Fall sein. Wenn Sie unsicher sind, ob Sie die Befehlsform mit oder ohne e nutzen sollen, überlegen Sie am besten: Wie würde die Figur sprechen? Beziehungsweise: Wenn Sie Ihre Leser*innen ansprechen möchten, wie klingt es für Sie selber natürlich? Wie würden Sie es machen, wenn Sie den fraglichen Satz zu jemandem sagen würden statt ihn zu schreiben? In den Fällen, in denen beides möglich ist, finden Sie so die Form, die besser passt.

Wie ist es bei Ihnen? Welche Version des Imperativs klingt in Ihren Ohren vertraut und normal? Schreiben Sie es gerne in die Kommentare – wenn Sie mögen, mit einem Hinweis auf Ihre Heimatregion!

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