Wenn ich einen Artikel oder einen Social-Media-Post mit Sprachtipps schreibe, so wie über die richtige Bildung des Imperativs oder über Gedankenstrich, Bindestrich und Bis-Strich, versuche ich, Ihnen eine sogenannte Eselsbrücke mitzuliefern. Eine Gedächtnisstütze, mit der Sie sich die grammatikalische Regel besser merken können. Gerade bei Dingen, die nicht auf den ersten Blick logisch scheinen oder die man leicht durcheinanderbringt, sind sie wirklich hilfreich.
Sofort ein Bild im Kopf
Als ich neulich über meine nächsten Blogartikel mit Schreibtipps nachdachte, stolperte ich plötzlich über die Frage, warum man eigentlich von einer Eselsbrücke spricht. Das Wort an sich ist ja schon so hübsch und weckt sofort Bilder im Kopf – eigentlich hätte es einen eigenen Post in meiner WortSchätze-Reihe verdient gehabt! Auf jeden Fall wollte ich unbedingt herausbekommen, woher dieser Name kommt!
Was hat der Esel mit der Brücke zu tun?
Und siehe da, es hat tatsächlich etwas mit richtigen Eseln zu tun, die ja lange Zeit zum Tragen von Lasten genutzt wurden. Sie sind nämlich nicht nur störrisch, sondern auch wasserscheu und sehr vorsichtig. Deshalb weigern sich Esel mit ihrem ganzen Dickkopf hartnäckig, durch Wasser zu gehen, auch wenn nur ein schmaler, seichter Bach überquert werden soll. Durch die spiegelnde Wasseroberfläche können sie nämlich nicht erkennen, wie tief das Gewässer ist und wie der Boden beschaffen sind. Und weil sie so störrisch sind, ist dann wirklich nichts zu machen!
Da bleibt nur ein Umweg – oder eben eine Brücke! So hat man anscheinend, um sich allzu lange Umwege zu ersparen, kurzerhand den Aufwand in Kauf genommen, dem Esel eine wenigstens behelfsmäßige Brücke zu bauen. Wenn die dem Esel sicher und stabil genug erschien, war er zufrieden, weil er nicht mit den Hufen ins Wasser musste, und nutzte diese eigens für ihn gebaute Eselsbrücke.
Eselsbrücken schaffen Verbindungen
Diese Erklärung passt wirklich gut auf das, was eine Eselsbrücke als Merkhilfe tut: Sie stellt eine Verbindung her zwischen zwei Dingen, die eigentlich nicht direkt zusammenhängen. Der Satz „Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unseren Nachthimmel“ zum Beispiel hilft dabei, sich die Reihenfolge der Planeten des Sonnensystems anhand der Anfangsbuchstaben zu merken. Um sich zu merken, dass der Infinitiv von „lesen“ „lies“ heißt und nicht „lese“, hilft es, sich Loriots Sketch mit dem schrillen „Liiiies doch mal was“ in Erinnerung zu rufen.
Die Eselsbrücke ist ein Hilfsmittel, um sich eine Regel oder einen Zusammenhang einzuprägen – so wie die echte Brücke ein Hilfsmittel für den Esel ist, damit er den Bach überquert.
Das funktioniert – bei den Eseln und bei uns auch!
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Gabi Kremeskötter (Mittwoch, 17 Juli 2024 12:47)
Liebe Suse,
herzlichen Dank für deine charmante Erklärung der Eselsbrücke :-) Ich gebe zu, ich habe noch nie genau darüber nachgedacht, wo dieser Begriff herkommt ... lach ... ist wohl "so normal wie nur was" :-)
Viele Grüße
Gabi
PS: Freue mich, deinen Blog gefunden zu haben!
www.gabi-kremeskoetter.de/blog/